Passive Sicherheitssysteme greifen jetzt auch vor dem Crash ein – ein neuer Ansatz im Bereich Insassenschutz.
Zur aktiven Sicherheit gehören Systeme, die vor dem Unfall aktiviert werden (ABS, ESP), und zur passiven Sicherheit jene Einrichtungen, die nach dem Crash zum Einsatz kommen (Airbag, Gurtstraffer). Systeme wie Pre-Safe, von Spezialist TRW entwickelt und von Mercedes kommerzialisiert, heben die klassischen Grenzen zwischen aktiver und passiver Sicherheit auf.
Reversibler Gurtstraffer
Kernstück von Pre-Safe ist ein mit Elektromotor funktionierender, reversibler Gurtstraffer. Im Gegensatz zu herkömmlichen, mit Sprengladungen versehenen Gurtstraffern muss dieser nach einem Crash nicht ersetzt werden und wird bei Bedarf schon vor dem Unfallereignis aktiviert. Dies geschieht über eine ständige Kontrolle von ABS, Bremsassistent und Stabilitätsprogramm ESP.
Aus einem Datenmix dieser drei Einrichtungen soll eine drohende Kollision erkannt werden. Steht ein Unfall bevor, wird in nur 120 Millisekunden der Gurt mit 250 Newton angezogen und der Fahrer in den Sitz gedrückt. Als Kraftübertragung dient eine Kupplung, die im normalen Betrieb den Elektromotor vom mechanischen Gurtaufroller trennt.
Kommt es tatsächlich zum Crash, wird ein zusätzlicher Gurtstraffer gezündet. Konnte der Zusammenstoß verhindert werden, wird der Elektrostraffer wieder gelöst.
Zukunft: Objekterkennung
In der Praxis greift Pre-Safe relativ spät ein; eigentlich erst, wenn man die Kontrolle über das Auto verliert. Dass automatisch Fenster und Schiebedach geschlossen und die Sitze in Position gebracht werden, ist nett, aber sicherheitstechnisch kaum von Bedeutung. Bis das Dach gemächlich zugesurrt ist, dürfte der Unfall schon längst erfolgt sein.
Solche Pre-Crash-Systeme sollen in Zukunft mit Erkennungssensoren erweitert werden, welche genauere Daten über Zeit, Ort und Möglichkeit eines Zusammenstosses liefern. Um das Fahrzeug soll ein ‚visueller Gürtel’ für die totale Überwachung sorgen. Das Auto von morgen kann damit auch die Unfallgegner identifizieren. Ist das Objekt beispielsweise ein Fussgänger, wird mit Hilfe von Federkraft oder Pyrotechnik die Haube angehoben und so Deformationsraum geschaffen.
Quelle: Automobil Revue Nr. 7